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Bücher, die das Lesen lohnen

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Samstag, 23. November 2013

Die Wahrheit ist ein Schlund - von Maria Zaffarana

Von huschdegutzels-buecherliste, 23:12
Ich rede bei Büchern selten in Superlativen - dieses hier hat es aber verdient!!

Der 12jährige Tim wird unvermittelt beim Frühstück von seiner dominanten Mutter gefragt, was ihm durch den Kopf geht - und daher sagt er einfach mal die Wahrheit:
"Ihr ekelt mich an....eigentlich ekeln mich alle Menschen an".

Seine Familie ist damit total überfordert - es scheint klar: mit dem stimmt etwas nicht, der ist anders. Folglich muss er zum Psychiater - weil was anders ist, halt nicht sein darf.
Wie sich sein Leben nach dieser schicksalhaften Antwort entwickelt, davon handelt dieses Buch.

Ich vergleiche das Lesen gern mit Musik - wenn ich eine Geschichte lese, die sich wunderschöner Bilder bedient; die Sätze beinhaltet, die heiter, wohltuend und noch dazu intelligent sind; wenn die Erzählung mich ganz tief berührt und mich mitnimmt, dann entsteht in meinem Kopf beim Lesen eine Melodie, in diesem Fall sogar eine ganze Sinfonie!
Die Personen erwachen hier für mich zum Leben, ich sah sie förmlich vor mir.
Die überlaute Mutter, die dicke Schwester, der verhuschte Vater - ich könnte sie alle aufzählen, sogar die Nebenfiguren sind so lebendig und liebevoll dargestellt, dass ich das Buch nicht mehr aus der Hand legen mochte. Sogar der auf dem Cover dargestellte Hase hoppelte durch meine Fantasie.

Dabei plätschert das Buch nicht einfach vor sich hin, obwohl es sich leicht und flüssig liest; nein, die Autorin setzt wohltuenderweise voraus, dass  die Leserschaft sich nicht aus Gehirnamöben zusammensetzt und verwendet sogar Fremdwörter! Es sind jede Menge Situationskomik und ganze Absätze dabei, die zum Nachdenken anregen, eine tolle Mischung!

Eine meiner heiteren Lieblingsszenen möchte ich gerne zitieren; sie handelt von dem älteren Tim, der sich plötzlich mit seinem knapp einjährigen Sohn alleine sieht, während seine Frau einkaufen geht:

"...Robin schreit mittlerweile so schrill, dass ich befürchte, einen Hörsturz zu erleiden. Ich beschließe kurzerhand, das zu tun, was Larissa nahezu den ganzen Tag und die halbe Nacht mit Robin macht : ihm vorzusingen. Robin´s beharrliches Weinen hat mich jedoch so sehr verstört, dass ich mich an kein einziges Kinderlied erinnere. Orientierungslos renne ich deswegen erst einmal durch´s Haus, um nach Kinderliederbüchern zu suchen" ...."Ich verfluche Larissa und ihren Ordnungswahnsowie ihren Drang nach ständiger Erneuerung, der sich dadurch äußert, dass sie mindestens einmal die Woche neu um- und einräumt. Die Kinderbücher sind jedenfalls nicht an ihrem alten Platz. Mir fehlen die Zeit, die Ausdauer und die Nerven, um weiter nach ihnen zu fahnden. In atemloser Aufgewühltheit stürze ich in mein Büro, wo ich nach dem erstbesten Buch greife, das sich mir darbietet. Ich schlage irgendeine Seite auf und beginne sofort, lauthals zu singen:
´Ich bin der Geist, der stets verneint und das mit Recht....´
Inbrünstig, aber auch laut, sehr laut singe ich, um Robin´s Schreien zu übertönen"....                    

Aber auch die ernste Seite des Buches soll nicht zu kurz kommen hier, da beschränke ich mich aber auf zwei Schlüsselsätze ( in meinen Augen ):

" Es ist nicht einfach, zu sein, wie man ist" und

" wer oder was bestimmt, was normal ist? "

Um bei der Wahrheit zu bleiben: dieses Buch war das Beste, das mir seit langem unter die Augen kam.
Auch hätte ich einer so jungen Autorin weder die heitere Reife noch die Intensität zugetraut. Hut ab!!

Ich bin restlos begeistert und kann das Buch nur jedem empfehlen, der niveauvolle, lustige und nachdenkliche Bücher mag!